O Volk Gottes! Befasst euch nicht rastlos mit eueren eigenen Belangen! Lasst euere Gedanken fest auf das gerichtet sein,
was das Glück der Menschheit wiederherstellen
und der Menschen Herzen und Seelen heiligen wird."
Baha'u'llah
Zusammenarbeit mit der UNO
Die internationale Baha'i-Gemeinde ist Mitglied mit beratendem Status im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) und dem Kinderhilfswerk (UNICEF) der UNO. In diesem Gremium arbeiten Baha'i hauptsächlich
an Fragen der Menschenrechte, der sozialen Entwicklung, dem Status der Frau, der Umwelt, der Ernährung, der Wissenschaft und Technik, der Drogenbekämpfung, der Jugend, der Familie sowie der Abrüstung
und der Friedenssicherung mit. Die internationale Baha'i-Gemeinde arbeitet ferner eng mit internationalen Organisationen zusammen: So ist sie u.a. Mitglied des "World Wide Fund for Natures-Network on
Conservation and Religion".
Soziale und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte
Baha'i-Gemeinden auf der ganzen Welt arbeiten an sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsprojekten. Die Betonung der Notwendigkeit universaler Erziehung in den Baha'i-Lehren hat zur Errichtung von
Schulen in Afrika, Asien und Amerika geführt. Die Baha'i selbst betreiben zahlreiche Grund- und weiterführende Schulen. Zu den sozialen Entwicklungsprojekten gehören auch Krankenhäuser,
Ausbildungsprogramme für Frauen, genossenschaftlich organisierte Landwirtschaftsbetriebe und Fischereiprojekte. Zudem sind weltweit sieben Radiostationen mit Erziehungsprogrammen in Betrieb.
Ihre hohen moralischen Grundsätze, ihr Wirken für Versöhnung und den Abbau von Vorurteilen sowie ihre positive gemeinschaftsbildende Kraft haben den Baha'i-Gemeinden internationales Ansehen gebracht. Für ihre Bemühungen um den Weltfrieden wurde die Baha'i-Weltgemeinde mit dem Peace Messenger-Preis der Vereinten Nationen ausgezeichnet. Der Baha'i-Glaube ist in zahlreichen Ländern gesetzlich anerkannt.
Alle Vereine, alle Organisationen, die sich für die Besserung der Welt einsetzen, sind gut, sehr gut. Alle, die für ihre Brüder und Schwestern tätig sind, genießen Baháulláhs Segen. Sie werden gewiss Erfolg haben.
Abdu´l-Bahá
Aufgabe der Religion ist es, die Entwicklung der Menschen zu fördern und soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen. Dazu ist oft auch konkrete praktische Unterstützung nötig. Die Bahai führen dafür weltweit eine große Zahl von Projekten der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung durch (derzeit über 11.600). Die direkte materielle Hilfe ist dabei nur von untergeordneter Bedeutung. Entscheidendes Kriterium für Hilfsprogramme der Bahai ist es in der Regel, dass eine Grundlage gelegt wird für eine weitere Entwicklung ohne Hilfe von außen. Erziehung und Ausbildung spielen deshalb bei diesen Projekten besonders häufig die wichtigste Rolle. So werden die Menschen in die Lage versetzt, ihr eigenes Leben besser zu meistern. Auch Programme für Hygiene und Gesundheit zielen in diese Richtung. Dazu kommen zum Beispiel Projekte im Agrarbereich oder für die Dorfentwicklung.
Stets ist es Voraussetzung, dass die örtliche Gemeinschaft das Projekt selbst trägt; von außen aufgesetzte Hilfsmaßnahmen außerhalb der Eigenverantwortung der Menschen vor Ort bringen keine Ermutigung und bewahren nicht die Würde der Menschen, die Hilfe brauchen. Die in jeder Bahai-Gemeinschaft praktizierte Beratung hilft dabei, die Verantwortung zu fördern.
Wissen ist nicht genug. Hoffentlich können wir es durch Gottes Liebe in Taten umsetzen. Dazu brauchen wir eine geistige, weltweit
wirkende Kraft. Versammlungen sind ein gutes Mittel, um geistige Kraft zu erzeugen. Es ist gut zu wissen, dass man einen gewissen Grad an Vollkommenheit erreichen kann. Besser ist es, auf diesem Weg
zügig voranzugehen. Wir wissen, dass es Gott gefällt, wenn wir den Armen helfen und Mitleid haben, aber Wissen allein ernährt keinen verhungernden Menschen, noch kann man einen Armen im bitterkalten
Winter durch Erkenntnis und Worte wärmen. Wir müssen liebevolle Güte in Form von praktischer Hilfe geben.
Abdu´l-Bahá
Die Lebensbedingungen der Mittellosen in den Dörfern wie auch in London haben Abdul-Bahá zutiefst berührt. In einem ernsten Gespräch mit dem Leiter einer Pfarrgemeinde sagte Abdul-Bahá:
Ich stelle fest, dass England wohl darum weiß; man ist geistig rege. Aber Ihre Armen sind so schrecklich arm! Das sollte nicht sein. Zum einen leben Sie in Wohlstand und großem Luxus, zum anderen
leben Männer und Frauen in allergrößter Not und hungern. Dieser enorme Gegensatz ist einer der Schandflecken für die Zivilisation dieses erleuchteten Zeitalters.
Sie müssen sich wesentlich ernsthafter um die Besserung der Lebensbedingungen der Armen kümmern. Ruhen Sie nicht, bis jeder einzelne, mit dem Sie zu tun haben, für Sie wie ein eigenes
Familienmitglied ist. Betrachten Sie jeden entweder als Vater oder Bruder oder Schwester oder Mutter oder als Kind. Wenn Sie das erreichen, werden sich Ihre Probleme lösen und Sie werden wissen, was
zu tun ist. Dies besagt die Lehre Baháulláhs.
Abdu´l-Bahá
Die grausame Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber dem Leiden fremder Rassen
24. November 1911
Abdu'l-Baha sprach:
Soeben wurde mir gesagt, daß sich hier im Land ein furchtbares Unglück zugetragen hat. Ein Zug ist in den Fluß gestürzt, und mindestens zwanzig Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Dies wird heute Gegenstand einer Debatte im französischen Parlament sein, und der Direktor der Staatsbahn wird aufgefordert werden zu sprechen. Man wird ihn in ein Kreuzverhör über den Zustand der Schienen und die Ursache des Unglücks nehmen, und es wird eine erregte Erörterung geben. Ich bin erstaunt und überrascht zu sehen, welche Aufmerksamkeit und Aufregung der Tod von zwanzig Menschen im ganzen Lande wachruft, während man der Tatsache, daß Tausende von Italienern, Türken und Arabern in Tripolis getötet werden, kalt und gleichgültig gegenübersteht. Das Entsetzliche dieses Massengemetzels hat die Regierung keineswegs beunruhigt. Und doch sind auch diese unglückseligen Menschen menschliche Wesen. Warum wendet man diesen zwanzig Wesen so viel Aufmerksamkeit und starkes Mitempfinden zu, während es bei fünftausend Personen nicht der Fall ist? Sie alle sind Menschen, sie alle gehören der Familie der Menschheit an, freilich aber anderen Ländern und Rassen. Es trifft die unbeteiligten Länder nicht, ob diese Menschen zerstückelt werden. Dieses Massenschlachten berührt sie nicht. Wie ungerecht, wie grausam das ist, wie völlig entbehrt es aller guten und echten Gefühle! Die Menschen jener anderen Länder haben Kinder und Gattinnen, Mütter, Töchter und kleine Söhne. In jenen Ländern gibt es beute wohl kaum ein Haus, in dem man nicht bitterlich weinen hört, ist schwerlich ein Heim zu finden, das von der grausamen Hand des Krieges nicht berührt ist. Ach, wir sehen auf allen Seiten, wie grausam, vorurteilsvoll und ungerecht der Mensch ist, wie schwerfällig im Glauben an Gott und im Gehorsam gegenüber Seinen Geboten! Wenn diese Menschen einander lieben und helfen würden, statt darauf zu brennen, einander mit Säbeln und Kanonen zu vernichten - wie so viel edler wäre dies und wie viel besser, wenn sie wie eine Taubenschar in Frieden und Eintracht lebten, statt wie die Wölfe zu sein und einander in Stücke zu reißen. Warum ist der Mensch so hartherzig? Das kommt daher, daß er Gott noch nicht kennt. Würde er Gott erkennen, so könnte er Seinen Geboten nicht geradezu entgegen handeln. Wäre er geistig gesonnen, so könnte er sich nicht so verhalten. Hätte man nur den Geboten und Belehrungen der Propheten Gottes geglaubt, sie begriffen und danach gehandelt, so würde das Angesicht der Erde nicht länger durch Krieg verdunkelt werden. Beherrschte der Mensch auch nur die Anfangsgründe der Gerechtigkeit, so könnten die Dinge nicht so liegen. Darum sage ich euch: betet und wendet euer Angesicht zu Gott, damit Er in Seinem unendlichen Mitleid und Erbarmen diesen Fehlgeleiteten helfen und beistehen möge. Betet, daß Er ihnen geistiges Verständnis schenke und sie Duldsamkeit und Barmherzigkeit lehren möge, auf daß sich das Auge ihres Gemütes öffne und sie mit der Gabe des Geistes ausgestattet werden. Dann mögen Frieden und Liebe Hand in Hand durch die Länder ziehen und diese armen, unglücklichen Menschen Ruhe finden. Lasset uns alle Tag und Nacht danach streben, mitzuhelfen. daß die Zustände besser werden. Mein Herz ist durch all das Furchtbare gebrochen und schreit laut auf. Möchte doch dieser Schrei in andere Herzen dringen! Dann werden die Blinden sehend werden und die Toten auferstehen, und die Gerechtigkeit wird kommen und auf Erden herrschen. Ich bitte euch alle inständig, mit Herz und Seele zu beten, daß sich dies erfülle.
aus Abdu'l Baha, Ansprachen in Paris